Julian Nagelsmann verzichtet bei den Tests in Frankreich und gegen die Niederlande auf einige namhafte Spieler. Der Erfolg gibt ihm Recht. Und laut Nagelsmann müssen Leon Goretzka und Co. mehr denn je um ihre EM-Plätze bangen.

Anstatt beim Länderspiel gegen die Niederlande in Frankfurt anzutreten, stand Leon Goretzka diese Woche auf dem Platz an der Säbener Straße. Anstatt die EM-Euphorie in der Nationalmannschaft anzufachen, bestimmte die Trainingsarbeit beim FC Bayern Goretzkas Alltag.
Die Nichtberücksichtigung des Mittelfeldspielers durch Bundestrainer Julian Nagelsmann wurde im Vorfeld der Tests in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1) besonders heiß diskutiert. Goretzka teilt sich das Schicksal mit einigen prominenten Namen, für die sich die Tür zur Heim-EM im Sommer durch die guten Auftritte des DFB-Teams am Samstag und Dienstag weiter schließt.
Nagelsmanns Botschaft an die Nichtberücksichtigten
Nagelsmann betonte: „Wer jetzt nicht dabei war, muss Vollgas geben – und besser sein als diejenigen, die dabei sind.“
Eine klare Ansage für Goretzka und Co. – zumal die meisten der 23 Kaderplätze nach den positiven Eindrücken des jüngsten DFB-Lehrgangs bereits fest vergeben sind. „Falls alle gesund bleiben und so weiter performen, werden wir auf jeden Fall nicht zehn Spieler im Sommer austauschen. Eigentlich auch nicht fünf, vielleicht ein, zwei – plus Verletzte“, bekräftigte Nagelsmann.
Da der Bundestrainer zudem betonte, dass er nicht auf den gesperrten Leroy Sané verzichten will, ist das EM-Ticket für viele Stars und frühere Leistungsträger bereits in weite Ferne gerückt.
Goretzka und Gnabry als große Verlierer
Das betrifft neben Goretzka auch seinen Teamkollegen Serge Gnabry. Der Flügelstürmer meldete sich zwar nach diversen Verletzungen zuletzt mit zwei Toren in der Bundesliga zurück, für eine Nominierung reichte es aber nicht. Er müsste im Saisonendspurt schon wie Phönix aus der Asche aufsteigen, um doch noch den EM-Kader zu erreichen. Es wird ein Wettlauf gegen die Zeit.
Auch die BVB-Fraktion, die in Niclas Füllkrug nur einen einzigen Vertreter hatte, dürfte bis zum Beginn der EURO kaum Zuwachs bekommen.
BVB-Stars mit geringen EM-Chancen
Dass sich in der Abwehr Antonio Rüdiger und Jonathan Tah als Stammspieler etabliert haben, geht auf Kosten von Routinier Mats Hummels. „Dann gilt es, die richtigen Backups zu finden. Da sehe ich Mats nicht als optimale Besetzung“, sagte Nagelsmann bei seiner Nominierungspressekonferenz.
Auch Niklas Süle und Nico Schlotterbeck fielen hinter dem formstarken Waldemar Anton und Robin Koch, dessen Zweikampfstärke Nagelsmann bei seiner Berufung betonte, durchs Raster und dürften es entsprechend schwer haben, noch in den EM-Kader zu kommen.
In der Offensive hat Julian Brandt gegenüber den „Zauberern“ Jamal Musiala und Florian Wirtz klar das Nachsehen. Sein EM-Traum dürfte damit ebenso geplatzt sein wie bei seinen Teamkollegen Emre Can, Karim Adeyemi, Marco Reus und Youssoufa Moukoko, die von ihren jeweiligen Konkurrenten auf ihren Positionen abgehängt wurden.
Das betrifft beispielsweise auch den Linksverteidiger Robin Gosens, dem Maximilian Mittelstädt den Rang abgelaufen hat. In der Backup-Rolle sieht Nagelsmann eher David Raum als den Unioner.
Pavlovic im Pech
Die EM-Chancen von Bayerns Shootingstar Aleksandar Pavlovic haben sich aufgrund unglücklicher Umstände verringert, da ihn eine Mandelentzündung um seine geplante Teilnahme am DFB-Lehrgang brachte.
Fraglich ist daher, ob Nagelsmann ihn ohne Länderspieleinsatz in den EM-Kader aufnimmt. Zumal sich im Mittelfeld mit Toni Kroos, Robert Andrich und Pascal Groß nun andere Kräfte bewährt haben.
Gleiches gilt auch für Angelo Stiller, den Nagelsmann ebenfalls im Auge hat und genau beobachtet. Doch er verzichtete auf eine Nominierung, wodurch Stillers EM-Teilnahme unwahrscheinlicher wird.
Weitere EM-Härtefälle drohen
Schon jetzt deuten sich mit Blick auf die EM prominente Härtefälle an. Ein Beispiel ist Jonas Hofmann, der trotz seiner starken Saison mit Spitzenreiter Bayer Leverkusen nicht von Nagelsmann berufen wurde. „Wenn er der Meinung ist, dass mein Momentum gerade nicht auf meiner Seite ist, dann habe ich das zu akzeptieren und muss alles daran legen, dieses Momentum wieder auf meine Seite zu bekommen“, sagte Hofmann in einer Medienrunde.
Timo Werner, mit dem Nagelsmann laut Sport Bild noch vor Bekanntgabe des letzten Länderspielkaders gesprochen hat, hat noch eine Chance, wenn er sich bei Tottenham im Saisonendspurt von seiner besten Seite zeigt.
Deutlich schwerer dürften es Kevin Trapp oder Malick Thiaw haben, den Bundestrainer doch noch zu überzeugen. Insbesondere für Trapp, da wegen der Rückkehr des fest eingeplanten Stammtorhüters Manuel Neuer ohnehin noch einer aus dem aktuellen Torhüter-Trio um Marc-André ter Stegen, Oliver Baumann und Bernd Leno weichen wird.
„Die Tür ist für alle offen“, sagte Nagelsmann zwar unmittelbar nach dem Abpfiff gegen die Niederlande am RTL-Mikrofon.
Doch schon bei der Nominierung hatte der Bundestrainer erklärt: „Es geht nicht darum, die 20 Besten von den bekanntesten Klubs zu haben, sondern die 20, die am besten zusammenpassen.“ Und die erfolgreichen